19 12, 2013

Ehedefinition: Warum die CVP Argumente Unsinn sind

2016-02-07T15:01:22+01:0019. Dezember 2013|

Nachdem der Bundesrat die Steinzeit-Initiative der CVP zur Annahme empfohlen hat, fühlt sich die Partei, die das C ihres Parteinahmen wieder entdeckt hat, im Aufwind. Offensiver denn je werben sie für die Initiative und behaupten dabei ungeniert Unsinn, um dem Volk Sand in die Augen zu streuen. Höchste Zeit also, um ihre vier Hauptargumente unter die Lupe zu nehmen.

Behauptung 1: Definition bereits heute in der Verfassung

Die CVP schreibt auf der Webseite der Initiative:

„Schwulen- und Lesbenorganisationen stören sich daran, dass die Definition der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau erstmals in der Verfassung verankert wird. Doch: die Definition ist bereits heute darin verankert.“

Dies hat die Aargauer CVP-Grossrätin Marianne Binder auch anlässlich einer Radiodiskussion auf Radio SRF 1 gesagt. Auf die Frage angesprochen, wo diese Definition denn bereits in der Verfassung stünde, antwortete sie mit „in Artikel 14“ (Minute 13:18 der Diskussion).

Nun, schauen wir uns also Artikel 14 der Bundesverfassung an. Dort steht

„Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet.“

Artikel 14 enthält also keine Definition der Ehe. Genauso wenig wie irgend ein anderer Artikel in der Verfassung. Die Behauptung, dass eine Definition, welche die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau festlegt, bereits heute in der Verfassung verankert ist, ist also falsch.

Behauptung 2: Ehedefinition in der Verfassung ändert nichts  

Weil die CVP weiss, dass die Ehedefinition nirgends in der Verfassung verankert wurde, versucht sie auf die Botschaft des Bundesrats und die heutige Gesetzeslage zu verweisen. Die CVP schreibt weiter auf ihrer Webseite:

„Bei der Abstimmung über die neue Bundesverfassung wurde die Ehe […] von Bundesrat, Parlament und Volk ausdrücklich im traditionellen Sinne interpretiert und festgelegt. Nachzulesen ist dies in der Botschaft des Bundesrates zur neuen Bundesverfassung vom 20. November 1996 auf den Seiten 154 und 155.“

Stimmt, die Ehe wurde damals, also vor 17 (!) Jahren als Verbindung zwischen Mann und Frau verstanden. Dennoch haben es Bundesrat und Parlament unterlassen, diese Definition in die Verfassung zu schreiben. Dies bedeutet, dass das Parlament heute entscheiden könnte, die Ehe gegenüber homosexuellen Paaren zu öffnen. Dafür müsste man lediglich Anpassungen auf gesetzlicher Stufe vornehmen. Die Verfassung würde dies dem Parlament nicht verbieten. Würde die Ehedefinition in der Verfassung verankert, könnte das Parlament die Ehe für homosexuelle Paare nicht mehr öffnen.

2.1 Trend zur Eheöffnung

Dass der Trend in diese Richtung geht, zeigen immer mehr Länder. Seit 1996 öffneten bereits 17 Länder die Ehe für homosexuelle Paare. Das erste Land war im Jahr 2001 die Niederlande. Und dieses Jahr hat England beschlossen, dass das zurzeit existierende Partnerschaftsgesetz für homosexuelle Paare nicht länger gut genug sei, weswegen das Land die Ehe für homosexuelle Paare ab 2014 öffnen wird. Dazu kommen zahlreiche Teilstaaten, z.B. in den USA oder in Mexiko.

Im US-Bundesstaat Kalifornien haben Gerichte die mittels Volksabstimmung in der Verfassung verankerte Definition der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau in den letzten Jahren durch alle Instanzen für ungültig erklärt.

Das Beispiel USA ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich das Eheverständnis auch in einem tendenziell konservativen Land wandeln kann. Nachdem noch vor ein paar Jahren kaum eine Politikerin oder ein Politiker es gewagt hätte, die Eheöffnung für Homosexuelle zu befürworten, steht mittlerweile eine Mehrheit des Volkes sowie der amtierende Präsident hinter der Eheöffnung. Sogar die ultrakonservativen Republikaner, die jahrelang immer wieder versuchten, die amerikanische Bundesverfassung mit genau jener Ehedefinition zu ergänzen, die jetzt die CVP in der Schweiz verankern will, haben ihren Kampf in der Zwischenzeit praktisch aufgegeben.

2.2 Stiller Verfassungswandel möglich

Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis dieser Wandel des Ehebegriffs auch in der Schweiz Realität wird. Juristen und Professoren sprechen hier von einem „stillen Verfassungswandel“, also dass die Ehe auch gegenüber homosexuellen Paaren geöffnet werden kann, ohne dass eine Änderung der Verfassung nötig wäre. Die Definition der CVP würde diesen stillen Verfassungswandel jedoch verunmöglichen.

Dieser Meinung sind sowohl namhafte Professoren als auch das Eidgenössische Justiz und Polizeidepartement.

2.3 Was sagen Professoren?

Die CVP beruft sich zur Stütze ihrer Argumentation gerne auf Prof. Bernhard Ehrenzeller, Professor für Öffentliches Recht der Universität St. Gallen und Direktor am Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis. Aber was sagt dieser Kronzeuge der CVP zu ihrer Argumentation? Gegenüber dem Tagesanzeiger liess er sich in einem Artikel zur Thematik folgendermassen zitieren:

Man kann nie ausschliessen, dass der Verfassungsbegriff der Ehe in Zukunft aufgrund einer dynamischen Auslegung offener verstanden wird, sich also auch auf andere Lebensgemeinschaften beziehen könnte. Mit der Umschreibung des Ehebegriffs in der Bundesverfassung werden einer solchen Weiterentwicklung des Rechts klare Grenzen gesetzt.

Uuups, liebe CVP.

2.4 Was sagt das EJPD?

Und auch das Bundesamt für Justiz, also die höchste juristische Instanz des Bundesrats widerspricht der CVP Argumentation. So enthüllte das Mannschaft-Magazin, zusammen mit Anton Kohler, dass das Bundesamt für Justiz wegen dieser Definition die ganze Initiative hätte ablehnen wollen. Das Bundesamt für Justiz schrieb denn auch

„[…]dass in Zukunft ein sog. stiller Verfassungswandel stattfinden könnte, der es bei gleichbleibendem Wortlaut erlauben würde, auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften zur Ehe zuzulassen […] Würde die Initiative angenommen, wäre ein solcher stiller Verfassungswandel nicht mehr möglich. Ohne einer allfälligen künftigen Entwicklung vorgreifen zu wollen erscheint es im vorliegenden Kontext verfehlt, diese wichtige gesellschaftspolitische Frage sozusagen en passant mitzuentscheiden und explizit in der Verfassung zu verankern.“

Nochmals uuups, liebe CVP.

2.5 Bundesrat krebste zurück

Auch wenn die Stellungnahme des EJPD den Bundesrat nicht zum Umdenken bewegte, so schien sie bei ihm trotzdem auf Gehör zu stossen. Denn ursprünglich wollte der Bundesrat in seiner Botschaft auf die Diskussion rund um die Ehedefinition eingehen. Im Botschaftsentwurf wollte er unter Punkt 3.2.3 darauf hinweisen, dass er an der traditionellen Ehedefinition festhalten möchte. Das EJPD schrieb, dass diese „Äusserungen ersatzlos zu streichen“ seien. Es schrieb weiter:

„Der Bundesrat legt sich hier fest, ohne dass aufgrund des Kontexts dazu tatsächlich eine Notwendigkeit besteht. Es handelt sich hier um ideologische Ausführungen, die nichts mit der im vorliegenden relevanten Fragen zu tun haben. Zwar ist es richtig, dass sich der Bundesrat in der Vergangenheit entsprechend geäussert hat. Betrachtet man aber die gesellschaftspolitischen Entwicklungen im In- und Ausland, ist die Bedeutung solcher Äusserungen aus der Vergangenheit zu relativieren.“ Dies schien den Bundesrat zu überzeugen. In der definitiven Botschaft ist zur Ehedefintion nichts mehr zu lesen. Dies beweist, dass auch dem Gesamtbundesrat bewusst geworden sein muss, dass ein Wandel der Ehedefinition durchaus möglich wäre.

Und nochmals: Uuups, liebe CVP.

Behauptung 3: Wenn Ehe geöffnet werden soll, muss Verfassung geändert werden

Die CVP behauptet aufgrund ihrer (oben widerlegten) Argumentation, dass eine Verfassungsänderung nötig ist, wenn die Ehe homosexuellen Paaren gegenüber geöffnet werden soll. Nun, wie genau soll das denn gehen? Sollen wir eine Initiative zur Änderung der Botschaft von 1996 lancieren? Schliesslich ist dies das einzige Dokument, auf das sich die CVP ihrer Argumentation berufen kann – in der Verfassung steht keine Definition. Da die Ehe in der Verfassung nirgends definiert wird, ist es überhaupt nicht nötig, dass wir eine Initiative einreichen, um die Ehe gegenüber homosexuellen Paaren zu öffnen. Wie oben dargelegt, könnte dies leidglich auf Gesetzesstufe gemacht werden. Diese Behauptung ist also nichts weiter als eine Nebelpetarde, um das Volk zu verwirren.

Behauptung 4: Definition ist nötig zur Abschaffung der Heiratsstrafe

Die CVP schreibt auf ihrer Webseite

„Man muss die Ehe umschreiben, wenn man die Diskriminierung der Ehe abschaffen will.“

Aha. Stimmt, ohne Definition wüsste man nicht, was unter Ehe verstanden wird. Der Bundesrat, das Parlament und das Volk wären in Chaos versunken beim Versuch herauszufinden, was die geheimnisvollen Worte „Ehe“, „Eheleute“ oder „Ehepaare“ zu bedeuten hat. Die CVP hat die Schweiz vor einem riesigen Chaos bewahrt, wie nett von ihnen.

Dass diese Behauptung absurd ist, wird nur schon klar, wenn man die Behauptungen 1, 2 und 3 der CVP bedenkt. Da stellt sich die Partei auf den Standpunkt, dass die Definition schon in der Verfassung verankert sei bzw. in der Botschaft des Bundesrates von 1996 bzw. dass die Öffnung der Ehe gegenüber homosexuellen Paaren eine Verfassungsänderung bedinge. Aber eben, um finanzpolitische Nachteile von Eheleuten abzuschaffen, ist eine Ehedefinition nötig. Diese Behauptung steht in solch komplettem Widerspruch zu den restlichen Behauptungen, dass man sich geradezu fremdschämen muss, wenn man sie liest.

Und falls dies noch immer nicht überzeugend genug war, lassen wir doch den Kronzeugen der CVP, Professor Ehrenzeller zu Wort kommen. Gegenüber dem Tagesanzeiger meinte er im oben zitierten Artikel auch:

„Die Definition der Ehe hätte man in der Familieninitiative auch offen lassen können. Zumindest verfassungsrechtlich war das keine Notwendigkeit. Aber das ist ein politischer Entscheid und damit das Recht der Initianten.“

Und einmal mehr: Uuups, liebe CVP.

Fazit

Die Argumentation der CVP, warum die Ehedefinition für das finanzpolitische Anliegen dieser Initiative nötig ist, entbehrt jeder Grundlage. Die Behauptungen scheinen auf den ersten (und sehr flüchtigen) Blick logisch, auf den zweiten Blick entpuppen sie sich aber als kompletter Unsinn. Eine Verankerung dieser ultrakonservativen Ehedefinition würde die Schweizer Verfassung zu einer der rückständigsten Verfassungen von ganz Europa machen und damit völlig quer in der Landschaft stehen. Was jedoch weitaus schlimmer ist; sie würde unmissverständlich klar stellen, dass unsere Verfassung homosexuelle Partnerschaften nicht als gleichwertig wie heterosexuelle Partnerschaften betrachtet und deswegen nicht zur Ehe zugelassen werden darf. Eine solche Diskriminierung ist unserer Verfassung nicht würdig.

Es ist deswegen komplett falsch, wenn die Gerhard Pfisters, Christophe Darbellays und andere Vertreter dieser Partei gegenüber den Medien treuherzig versprechen, bei dieser Initiative ginge es nicht um die Ehedefinition, sondern rein um die Abschaffung der Heiratsstrafe. Wer sich mit der Vorlage befasst hat, weiss es besser. Und jene, welche die Beteuerungen wirklich glaubten, sollten es spätestens ab jetzt nicht mehr tun.

21 11, 2013

Warum die CVP Initiative für (teil)ungültig zu erklären ist

2013-11-21T01:12:26+01:0021. November 2013|

Bald wird die Steinzeit-Initiative der CVP, die eine konservativen Definition der Ehe und gleichzeitig die Abschaffung von finanziellen Benachteiligungen von Ehepaaren fordert, in die parlamentarische Beratung kommen. Im Vordergrund der Diskussion im Kampf gegen die Initiative steht die Idee eines Gegenvorschlags, der die rückständige, ultrakonservative Ehedefinition der CVP weglässt. Sollte die Intiative gültig sein, ist ein Gegenvorschlag selbstverständlich nötig. Aber ist sie das?

Einheit der Materie – was ist das?

Damit eine Volksinitiative in der Schweiz gültig ist, muss sie die so genannte „Einheit der Materie“ erfüllen. Dies bedeutet, dass Forderungen einer Initiative einen sachlichen Zusammenhang aufweisen müssen. Weiter bedeutet dies, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Möglichkeit haben sollten, ihren politischen Willen unverfälscht abgeben zu können. In seiner Botschaft zur Initiative äussert sich der Bundesrat mit zwei Standardsätzen zu dieser wichtigen Frage.  Auf Seite 4 schreibt er

zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderung an die Einheit der Materie.

Wow –wie überzeugend.

Eine Abstimmung – Zwei Fragen

Man kann sich streiten, ob allenfalls ein gewisser sachlicher Zusammenhang zwischen einer Ehedefinition und den von Eheleuten zu bezahlenden Steuern besteht. Was ist aber mit dem Recht, seine Meinung unverfälscht abgeben zu können? Wenn man nämlich genauer hinsieht, wird deutlich, dass es sich bei dieser Vorlage um zwei Themen handelt.

Der erste Satz legt in der Verfassung eine Definition des Wortes Ehe fest. Eine solche Definition steht noch nirgends in der Verfassung und würde mit dieser Initiative zum allerersten Mal in der Verfassung verankert. Es handelt sich hier also um eine gesellschaftspolitische Frage: Wollen wir in der Verfassung ausdrücklich festhalten, dass die Ehe nur als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau gilt?

Der zweite Teil der Initiative fordert die Abschaffung der steuerlichen (und sozialversicherungsrechtlichen) Benachteiligung von Ehepaaren. Hier handelt es sich um eine finanzpolitische Frage: Wollen wir diese finanziellen Benachteiligungen für Ehepaare abschaffen?

Perfides Dilemma

Wenn die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über diese Initiative abstimmen, müssen sie zwei verschiedene Fragen mit einer einzigen Antwort beantworten. Es ist z.B. nicht möglich, dass ich NEIN zur Definition der Ehe in der Verfassung sagen will, gleichzeitig aber JA zur Abschaffung der finanziellen Benachteiligung für Eheleute stimmen möchte. Man muss sich also entscheiden, was man schwerwiegender findet. Das verunmöglicht nicht nur die unverfälschte politische Willensäusserung, sondern tut dies auch auf eine sehr perfide Art und Weise. Homosexuelle stellen in der Schweiz eine Minderheit dar. Man lockt also die  heterosexuelle Mehrheit mit einer finanzpolitischen Frage, um sie gleichzeitig für ein Anliegen zu gewinnen, das von den betroffenen Minderheiten vehement abgelehnt wird. Im Klartext: Wenn ihr JA stimmt, sorgt ihr dafür, dass homosexuelle Paare per Verfassung von der Ehe ausgeschlossen werden, dafür erhaltet ihr aber finanzielle Vorteile.

Wir alle wissen, dass finanzielle Entlastungen bei den Stimmbürgerinnen und Stimmbürger immer eine grosse Rolle spielt. Die Abschaffung der Heiratsstrafe ist denn auch äusserst populär. Die CVP versucht also bewusst, den Wunsch nach finanzieller Entlastung als Trumpf auszuspielen, um eine  ultrakonservative Ehe-Definition in der Verfassung zu verankern. Das ist zwar geschickt, dafür aber umso perfider.

Missbrauch des Initiativrechts

Würde man diese Initiative für gültig erklären, würde das nicht nur den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die Möglichkeit nehmen, ihre Meinung unverfälscht zu äussern. Nein, man würde auch zulassen, dass das Initiativrecht dazu missbraucht wird, Mehrheiten gegen Minderheiten auszuspielen. Diese Gefahr besteht zwar bei jeder Initiative, die sich gegen Minderheiten richtet. Aber die Dreistigkeit des Grundsatzes dieser Initiative, nämlich ihr-von-der-Mehrheit-erhält-finanzielle-Vorteile-wenn-ihr-die-Minderheit-schikaniert, ist dann doch nochmals ein anderes Kaliber. Ein Kaliber, das auch im krassen Gegensatz zu dem steht, was in unserer Bundesverfassung zuvorderst zu finden ist nämlich, dass „die Stärke des Volkes sich misst am Wohle der Schwachen“.

Wegweisender Entscheid

Bleibt zu hoffen, dass das Parlament diesem perfiden Spielchen eine deutliche Abfuhr erteilt und die Volksinitiative zumindest teilweise für ungültig erklärt. Damit könnte der erste Satz der Initiative gestrichen werden und nur die finanzpolitische Frage zur Abstimmung gelangen. Sollte es der CVP wirklich nur um die Heiratsstrafe gehen, wird sie gegen dieses Vorgehen nichts einzuwenden haben. Dies wäre nicht nur die sauberere Lösung.  Vielmehr würde damit auch deutlich gezeigt, dass ein solch hinterhältiges Vorgehen nicht akzeptiert wird. Dies würde nicht nur Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transmenschen nützen, sondern auch dem politischen Frieden in unserem Land.

 

Erster Blog zum Thema unter diesem Link.

31 10, 2012

Der Angriff der CVP

2013-10-28T12:14:48+01:0031. Oktober 2012|

Es ist wieder einmal soweit. Die Konservativen unsere Landes blasen (heimlich) zum Angriff gegen homosexuelle Paare. Diesmal, und das ist am Angriff besonders perfid, kommt der Angriff durch die Hintertür, versteckt in einem Paket, das eigentlich familienfreundlich klingt.

Die CVP hat genügend Unterschriften für die Initiative zur „Abschaffung der Heiratsstrafe“ beisammen. Dabei will sie die „steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Benachteiligung“ von verheirateten Paaren abschaffen. Gleichzeitig will die Initiative in der Schweizer Verfassung festschreiben, dass die Ehe eine Verbindung zwischen Mann und Frau ist.

Der Text lautet

Art. 14 Abs. 2 (neu)
2 Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Sie bildet in steuerlicher Hinsicht eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie darf gegenüber andern Lebensformen nicht benachteiligt werden, namentlich nicht bei den Steuern und den Sozialversicherungen.

Damit bläst die CVP zu einem unverfrorenen Frontalangriff gegen homosexuelle Paare. Sie will dafür sorgen, dass homosexuelle Paare niemals eine Ehe eingehen dürfen. Denn die Verfassung ist der zentrale, grundlegende Rechtsbestand eines Staates. Darin werden die wichtigsten (Grund)Rechte festgehalten, gegen die kein Gesetz oder Verhalten verstossen darf. Und nun sollen all die Grundrechte unserer Verfassung mit einer Diskriminierung ergänzt werden. Das kommt uns bekannt vor. Die ultrakonservativen Republikaner in den USA haben mehrmals versucht, eine solche Definition der Ehe in die Verfassung der USA zu schreiben.  Bisher sind sie immer wieder gescheitert. Die CVP versucht also das, was den Ultrakonservativen in den USA bisher noch nicht gelungen ist und verknüpft dies mit einem populären Anliegen.

Die CVP, die in Zürich zwar mit homosexuellen Paaren auf Plakaten versucht, sich einen modernen Anstrich zu verpassen, will also tiefstes Mittelalter in die Verfassung festschreiben.

Im Klartext diskriminiert die CVP Initiative homosexuelle Paare gleich doppelt:

  1. homosexuelle Paare sollen niemals heiraten dürfen.
  2. gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaften homosexueller Paare (geregelt durch das Partnerschaftsgesetz) dürfen benachteiligt werden, heterosexuelle gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaften nicht.

Es liegt nun an (den moderaten Kräften innerhalb) der CVP zu beweisen, dass es ihr nicht um konservative Symbolpolitik, sondern um finanzielle Fragen und einzig und allein um eine finanzielle Besserstellung von Eheleuten (unabhängig davon, ob das in Zukunft auch einmal gleichgeschlechtliche Paare sein können) geht. Dazu  muss sie Hand für einen Gegenvorschlag bieten, der diese Definition einer Ehe nicht beinhaltet und nur die finanzielle Benachteiligung thematisiert. Sollte sie dazu nicht bereit sein, beweist sie ihre Absicht, bewusst homosexuelle Paare per Verfassung diskriminieren zu wollen – und missbraucht dazu erst noch die finanzielle Situation heterosexueller Ehepaare.

Eine solch ewiggestrige, mittelalterliche und diskriminierende Definition der Ehe passt zwar zum Gedankengut des CVP Präsidenten, der Kinder von homosexuellen Paaren mit Kokain vergleicht. Im Jahr 2012 gehört diese Definition aber in keine Gesellschaft und schon in gar keine Verfassung. Im Gegenteil – in der heutigen Zeit sollte es keinen Unterschied mehr machen, ob eine gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft aus zwei Männern, zwei Frauen oder einem Mann und einer Frau besteht. Darum ist auch eine Unterscheidung zwischen einem Partnerschaftsgesetz (also der gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren) und der Ehe (gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau) völlig überholt und nicht mehr zeitgemäss. Eine Ehe einzugehen muss das Recht von jedem volljährigen Menschen sein und kein heterosexuelles Privileg darstellen!

Diese Initiative muss daher von der LGBT Community und allen auch nur halbwegs moderat und liberal denkenden Menschen entschlossen und mit allen Mitteln bekämpft werden, um zu zeigen, dass wir niemals zulassen werden, dass man die Verfassung mit Diskriminierungen von Homosexuellen verunstaltet. Packen wirs an!

Mehr zum Thema: Wir wollen die ganze Salami.

 

 

 

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