3 05, 2018

Ein offener Brief an Daniel Regli

2019-02-18T10:04:43+01:003. Mai 2018|

Hallo Daniel

An der Gemeinderatssitzung vom 18. April 2018 hatten wir zum letzten Mal die zweifelhafte Ehre, dich im Gemeinderat zu erleben. Natürlich hast du diese Sitzung erneut dafür missbraucht, um zu deinem Lieblingsthema Homosexualität zu referieren.

Mit deinen erneuten, provokativen Aussagen gegen Homosexuelle hast du auf eine Reaktion gehofft – ich glaube, insbesondere von mir, so wie du mich während deines überlangen Votums dauernd angestarrt hast. Wissend, dass es deine letzte Gemeinderatssitzung ist, wollte ich dir keine Reaktion geben und ignorierte deine absurden Aussagen. Offensichtlich hat dir das keine Ruhe gelassen – wie das Thema Homosexualität dir seit Jahren keine Ruhe zu lassen scheint.

Denn am 28. April 2018 hast du mir eine Email geschrieben, in welcher du mit Studien deine absurde Aussage vom Dezember 2017 belegen möchtest, dass Homosexuelle inkontinent seien und sich deswegen häufiger das Leben nehmen. Du berufst dich dabei auf einen Arzt und auf einen «ehemaligen Homosexuellen» (lol).

Und hast auch gleich ein paar Links und Studien an deine E-Mail angehängt – ich glaube, um deinen absurden Aussagen irgendwie Legitimation zu verschaffen. Dabei hast du auch noch gleich die Schweizer Medienlandschaft, die Zürcher Politik und die Fachstelle Lust und Frust in deine E-Mail kopiert.

Offenes Mail an: Schweizer Medien, Zürcher Stadtrat, Gemeinderat, Fachstelle Lust & Frust

Sali Alan

Nun kann ich endlich zurückkommen auf mein vielgehasstes Votum zum Thema Inkontinenz und Suizidalität promisker Homosexueller im Rahmen der Budgetdebatte im Dezember 2017. Es wurde damals in der Ratsdebatte eine Entschuldigung gefordert. Nun möchte ich fragen, für was ich mich entschuldigen soll? Habe ich etwas Unwahres gesagt?

Ich wäre schön blöd, würde ich so brisante Fakten öffentlich verkünden, wenn ich dafür keine Quellen hätte. Bei meinem Votum stützte ich mich auf Aussagen eines Arztes und eines ehemaligen Homosexuellen. Nach der Ratsdebatte habe ich von Ärzten etliche weitere Angaben erhalten, deren Links ich Dir untenstehend zusende. Ebenfalls findest Du zwei Studien als Attachement.

Anstatt sich auf eine inhaltliche Diskussion einzulassen, haben Mitglieder des Gemeinderats und die Medien mich angeklagt und verspottet. Ich hätte „menschenverachtend“ über Schwule gesprochen und es sei „absurd“, was ich gesagt habe. Das ist natürlich ein fieses Ablenkungsmanöver, um sich nicht mit den Fakten befassen zu müssen. Dass auf den Mann, statt auf den Ball gespielt wurde, finde ich sehr bedauerlich. Wer so vorgeht, fügt sich selber und seinem „familiären“ Umfeld beträchtlichen Schaden zu.

Nach wie vor bin ich bereit, das Thema inhaltlich zu diskutieren. Wenn ich Fakten erhalte, die meine Aussagen widerlegen, bin ich gerne bereit, mich zu entschuldigen.

Zum Schluss möchte ich nochmals erinnern an die zentrale Aussage meines Votums: unsere Kinder in den Zürcher Schulen werden durch die städtische Fachstelle ‚Lust & Frust‘ mit der gendermissionarischen Ideologie verstört, verführt und geschädigt. Diese fatale Praxis muss unter allen Umständen gestoppt werden!

Freundlichen Gruss und gute Wünsche für Deine Lebensführung, die sich hoffentlich nicht der Postfaktizität verschrieben hat.

Daniel Regli

___________

http://www.gaymed.at/startseite_gaymed/vorwort/tabuthema-po/

https://www.hilferuf.de/forum/gesundheit/184148-schmerzen-und-inkontinenz-nach-analverkehr.html

https://www.focus.de/gesundheit/praxistipps/so-riskant-ist-analverkehr-analsex-das-muessen-sie-beachten_id_7561840.html

https://www.vice.com/de_ch/article/ex74mz/verursacht-analsex-langzeitschaeden

www.kup.at/search?query=Analverkehr

Bei religiösen Fanatikern ist es immer so eine Sache mit dem Antworten. Einerseits lechzt ihr nach Aufmerksamkeit, weswegen jede Reaktion nur hilft, euer Ziel zu erreichen. Andererseits dürfen eure Ergüsse eben nicht immer unwidersprochen bleiben, gerade weil es noch viel zu viele Menschen gibt, welche Mühe mit ihrer sexuellen Orientierung haben und durch euch Fanatiker zusätzlich verunsichert werden.

Daher ein paar Punkte, bevor du hoffentlich mitsamt deiner Bibel in der Versenkung verschwindest.

1. Inkontinenz und Suizidalität

Mal ernsthaft, nur schon während ich diese Überschrift tippe, muss ich laut lachen. Wir kennen das doch alle. Wenn jemand etwas so Absurdes sagt, dass man einfach nur laut lachen muss. Anyway, du sendest mir zwar all diese Links zu angeblicher Inkontinenz von Menschen, die Analsex haben, sowie zu Studien bezüglich erhöhter Suizidalität von Homosexuellen. Ich habe mir die Links angeschaut und muss feststellen: Der Einzige, der eine Verbindung zwischen diesen zwei Themen herstellt, bist du.

Die erhöhte Suizidrate bei Homosexuellen ist aber tatsächlich ein ernstzunehmendes Problem. Dazu gibt es mehrere Studien, eine hast du mir sogar in deiner E-Mail gesendet. Interessant an den Studienergebnissen ist jedoch Folgendes: Die erhöhte Suizidgefahr ist häufig auf Diskriminierung zurückzuführen, welche homosexuelle Menschen immer wieder erleben. «Internalisierte Homophobie» ist ebenfalls ein gewichtiger Faktor und wird auch in der Studie genannt, die du mir geschickt hast. Internalisierte Homophobie geschieht beispielsweise, wenn ein Kind dauernd gesagt bekommt, dass Homosexualität falsch und schlecht sei. So wie du es beispielsweise dauernd predigst. Umso wichtiger ist es, dass es Fachstellen wie die von dir so gehasste Fachstelle Lust und Frust gibt, welche schädigenden Predigten wie deinen entgegenwirken. Hättest du etwas mehr als den Titel der Studie gelesen, die du mir gesendet hast, würdest du wissen, dass die Autoren auf Seite 35 bei ihren Schlussfolgerungen schulische Aufklärung als Prävention gegen Suizidalität empfehlen:

«Außerhalb des klinischen Settings bietet sich vor allem die Schule als Ort für Prävention an. „MindMatters“, ein schulisches Gesundheitsförderungsprogramm, beinhaltet ein eigenes Modul zum Thema sexuelle Orientierung und ist ein hervorragendes Beispiel, wie dies realisiert werden kann.»

Womit wir eigentlich wieder beim Thema amüsant wären. Du schickst mir eine Studie, um deine absurde These zu untermauern, merkst aber nicht, dass dir die Studie komplett widerspricht. Man nennt das wohl den Fanatismus-Filter.

Wenn man wirklich etwas gegen die erhöhte Suizidrate Homosexueller unternehmen möchte, dann braucht es Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung (ja, ich habe das Wort gleich dreimal wiederholt, einerseits um die Wichtigkeit zu unterstreichen, andererseits aber auch, weil ich weiss, wie sehr dir ein kalter Schauer über den Rücken läuft, wenn du dieses böse Wort liest).

Darum ernsthaft: Menschen mit deinem Gedankengut tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, dass homosexuelle Menschen diskriminiert werden, hinterfragen, wo es nichts zu hinterfragen gibt und deswegen depressiv oder gar suizidal werden.

2. Einigkeit der Kulturen zur Homosexualität

Dass du Homosexualität als psychische Störung betrachtest, hast du auch an der Gemeinderatssitzung vom 18. April 2018 wieder zum Ausdruck gebracht. So hast du gesagt, dass Homosexualität über Jahrtausende als psychische Störung betrachtet worden wäre. Auch heute noch sei sich die Mehrheit der Kulturen einig, dass Homosexualität eine psychische Störung darstelle.

Mittlerweile ist hinlänglich bekannt, dass Homosexualität schon immer und überall in der Welt vorkam, akzeptiert und gelebt wurde. So kam Homosexualität in der Antike vor, bei den Griechen, bei den Römern, in Afrika (in Zimbabwe alleine wurde bei 48 Stämmen homosexuelles Verhalten festgestellt), im alten China, usw.

Und weisst du, bis wann Homosexualität okay war? Bis Fanatiker wie du mit ihren heiligen Büchern in der einen Hand und dem Schwert in der anderen diese Länder kolonialisierten oder durch verschiedene Gesetze verboten. Das ist etwa so, wie wenn du ein schönes, grosses Haus abfackelst und danach allen sagst, dass man in den Ruinen nicht leben kann. Natürlich wird man dir zustimmen, dass man in den Ruinen nicht mehr leben kann, nur wäre ein friedliches, zufriedenes Wohnen im Haus möglich gewesen, hättest du und deine Clique es nicht abgefackelt.

Und weisst du, wo Homosexualität immer vorkam, weiterhin vorkommt und von niemandem verboten wurde? Im Tierreich. In über 1’500 Spezies wurde Homosexualität festgestellt.

Die einzige Spezies, die Homosexualität verboten hat, ist der Mensch. Und weswegen? Wegen ein paar angeblich heiligen Büchern.

So, wir wissen also, dass Homosexualität in jeder Zeitepoche weltweit sowohl beim Menschen wie auch im Tierreich vorkam. Und doch sollten wir Homosexualität als unnatürlich bezeichnen, weil das von einem Buch behauptet wird, in welchem Schlangen mit Menschen sprechen, ein Typ mit einem Stock das Meer in zwei Hälften teilt und ein anderer Wasser zu Wein zaubert?

Versteh mich nicht falsch, ich finde es völlig in Ordnung, wenn du ein Fanboy dieses Buches bist – ich bin ja auch ein Fanboy von Superheldencomics. Aber nur weil in den Comics die gelbe Farbe die grösste Schwäche meines Lieblingssuperhelden, Green Lantern, darstellt, möchte ich jetzt auch nicht gerade ein Gesetz zum Verbot des Gebrauchs der gelben Farbe erlassen.

Wir alle haben unsere Superhelden. Du hast Jesus, ich habe die Superhelden des DC- und Marvel-Universums. Zugegeben, Jesus ist schon cool – nicht nur weil er Wasser zu Wein zaubern konnte (wie geil wäre diese Superheldenkraft bitteschön). Denn er kümmert sich nicht nur um die Armen (ganz im Gegensatz zu deiner Partei), sondern verbrachte seine Freizeit mit 12 Typen und einer Prostituierten und wurde von einem Typen geküsst, der ihn hinterging– womit er eigentlich viel mehr Gemeinsamkeiten mit mir und vielen meiner schwulen Freunde hatte als mit dir.

Darum: Lassen wir die sprechenden Schlangen und die böse gelbe Farbe in unseren Büchern, und lass uns nicht anderen Menschen das Leben schwer machen, deal?

3. Homophobie und Homosexualität

Was mir immer wieder auffällt: Du schmeisst mit Zitaten, Zeitungsartikeln und Studien (die du offenbar gar nicht verstehst, wie wir vorher bemerkt haben) um dich, blendest aber eine in der Zwischenzeit ebenfalls mehrfach belegte Tatsache aus: Gemäss mehrerer Studien fühlen sich homophobe Menschen oftmals von Homosexualität angezogen.

So ist es denn auch nicht weiter erstaunlich, dass in den USA bei mehreren ultrahomophoben Politikern und Predigern auskam, dass sie selbst was mit Männern hatten. Mein Favorit ist ja Georg Rekers, der Gründer des homophoben Family Research Council, welches auch immer wieder homofeindliche Pseudostudien (oder haarsträubende Interpretationen von Studien) herausgibt, auf die sich Fundis wie du berufen. Georg Reekers wurde mit einem Escort Boy erwischt, welchen er über die Webseite rentboy gebucht hatte. Natürlich habe Rekers ihn nur gebucht, damit er ihm beim Tragen seiner Koffer helfen konnte, wie er sagte.

Eine Top 16 solcher Typen findest du hier.

Ich weiss nicht, warum du dich derart intensiv mit dem Thema Homosexualität befasst. Ich weiss nicht, warum du dir so viele Gedanken zu den Sexualpraktiken von Schwulen machst und gemäss deiner E-Mail auch noch mit Ärzten und «ehemaligen Homosexuellen» darüber redest. Und ich weiss auch nicht, warum du mir nun auch noch nach deinem überfälligen Abschied aus dem Gemeinderat einen offenen Brief mit mehreren Links zum Thema Analsex nachschickst.

Aber was auch immer der Grund für deine Faszination ist (wofür es natürlich viele Gründe geben kann), sei nicht zu stolz, Hilfe anzunehmen! Ich weiss, du hasst Beratungsstellen, aber vielleicht wäre es tatsächlich gut, wenn du dir das Angebot der einen oder anderen Beratungsstelle näher anschauen würdest. Viele Beratungsstellen bieten auch anonyme Beratungen an! Du musst auch keine Angst haben, als verlogen zu gelten. Christliche Werte zu predigen, während du einer Partei angehörst, welche Flüchtlinge (Jesus war ein Flüchtlingskind) und Arme dauernd schikaniert, ist da wesentlich verlogener als das Aufsuchen einer Beratungsstelle. Denn, wenn ein Thema einen zu sehr beschäftigt und einen einfach nicht loslässt, ist es wohl besser, sich diesem Thema und den Gründen dafür zu stellen – dem eigenen Seelenheil zuliebe!

Ich wünsche dir daher für dein Seelenheil, dass du irgendwann bereit sein wirst, der Ursache für deine Obsession auf den Grund zu gehen. Aber bis dahin, sei doch so gut und schweig bitte einfach zu diesem Thema – dem Seelenheil vieler anderen Menschen zu Liebe!

Mit regenbogenfarbenen Grüssen

Alan

 

5 06, 2013

Warum die Pride wichtig ist

2019-02-18T10:04:44+01:005. Juni 2013|

Am Samstag, dem 8. Juni 2013 ist es wieder soweit.

Wieder werden Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transmenschen und die aufgeschlossenen Heterosexuellen unter dem Motto All Families Matter an einem bunten Demonstrationsumzug für ihre Rechte demonstrieren und danach auf dem Turbinenplatz und an diversen Parties die jährliche Pride feiern. Nun, ein paar Hirnverbrannte werden sicherlich auch dort sein und uns mit netten Flyern zu überzeugen versuchen, dass wir auf dem falschen Weg sind und in der Hölle landen. Aber wenn man bedenkt, dass jedes Ereignis seine Clowns (und damit meine ich nicht die Drag Queens, die sind nämlich cool) hat, ist das nicht weiter verwunderlich.

Braucht es die Pride noch?

Und jedes Jahr wird wieder die Frage gestellt, ob es die Pride überhaupt noch braucht. Wenn wir doch akzeptiert und so gleich behandelt werden wollen, müssen wir dann unsere separate Parade haben? Bringt es überhaupt noch was, für unsere Rechte zu demonstrieren? Schliesslich werden wir ja toleriert und Diskriminierung sind doch kaum noch vorhanden? Die Antwort ist ganz einfach: Und wie es die Pride braucht!

Ja, wir brauchen die Pride, um darauf aufmerksam zu machen, dass es uns gibt, dass wir ein gleichwertiger Teil der Gesellschaft sind und als solchen rechtlich und gesellschaftlich vollständig und ohne wenn und aber anerkannt werden wollen! Ja, die Toleranz gegenüber Homosexualität hat sich selbstverständlich verbessert. Wir wollen aber nicht toleriert, sondern als vollständigen und gleichwertigen Teil der Gesellschaft akzeptiert werden. Und soweit ist es erst, wenn z.B. zwei Männer keine Angst haben müssen, verprügelt oder beschimpft zu werden, wenn sie sich händchenhaltend in der Öffentlichkeit bewegen. Soweit ist es erst, wenn eine homosexuelle Beziehung als gleichwertig angesehen wird, wie eine heterosexuelle Beziehung und man kein Sondergesetz wie das „Partnerschaftsgesetz“ schafft (also eine „Ehe-light“ für Homosexuelle), statt die Ehe auch für homosexuelle Paare zu öffnen. Soweit ist es erst, wenn wir Kinder adoptieren dürfen. Soweit ist es erst, wenn die Selbstmordrate unter homosexuellen Jugendlichen nicht um ein Vielfaches höher ist, als bei heterosexuellen Jugendlichen. Soweit ist es erst, wenn wir nicht mehr Angst haben müssen, bei der Arbeit oder in der Schule diskriminiert zu werden! Soweit ist es erst, wenn Diskriminierung von LGBTs (Lesbian, Gay, Bisexuals, Trans) als genau gleich verwerflich angesehen wird, wie Rassismus und gesetzlich entsprechend geahndet wird. Soweit ist es erst, wenn die Verfolgung von Homosexuellen und Transmenschen als Asylgrund anerkannt wird (statt den Betroffenen zu raten sich in ihrem Heimatland halt nicht zu outen). Soweit ist es erst, wenn solche oder solche offene Briefe oder solche Blogs nicht mehr notwendig sind. Erst wenn jeder und jedem in diesem Land und auf der Welt bewusst wird, dass Heterosexualität nicht normaler, sondern häufiger ist, erst dann haben wir die vollständige Akzeptanz erreicht.

Es muss also noch einiges getan werden, bis eine Demonstration für unsere Rechte nicht mehr notwendig ist. Dabei sei daran erinnert, dass wir gerade in den letzten Wochen wieder schreckliche Bilder aus nicht allzu fernen Ländern gesehen haben, wo Prides verboten oder die Teilnehmenden attackiert wurden.  Aber selbst wenn die Demonstration für unsere Rechte irgendwann nicht mehr notwendig sein sollte, will ich diese Pride noch haben. Es geht bei der Pride nämlich nicht nur darum, für unsere Rechte zu demonstrieren, sondern auch darum, das Erreichte zu feiern. Wir können feiern, dass Homosexualität (zumindest bei uns) nicht mehr verboten ist. Wir können feiern, dass Homosexualität nicht mehr von der Weltgeshundheitsorganisation als Krankheit angesehen wird (als was sie bis 1992 galt). Und nicht zu vergessen der Ursprung der Pride (die ja eigentlich Christopher Steet Day heisst), als 1969 Homo- und Transmenschen sich in New York gegen Razzien und Verhaftungen durch die Polizei wehrten und sich deswegen tagelange Strassenschlachten mit der Polizei lieferten.

Zerstören die Paradiesvögel unseren Ruf?

Immer wieder hört man, dass die Bilder, die in den Medien über die Pride portiert werden, den „Ruf der Schwulen und Lesben zerstören.“ Immer wieder heisst es, dass die schrillen Drag Queens, die Transvestiten oder die halbnackt tanzenden Männer ein falsches Bild vermitteln und Vorurteile uns gegenüber zementieren würden. Nur schon dieser Gedankengang zeigt, wie wichtig die Pride ist. Wem und warum müssen wir irgendwas beweisen? Wie kommen wir dazu, das Gefühl zu haben, irgendetwas würde Vorurteile gegen uns rechtfertigen? Wie kommen wir dazu, uns nach irgendeinem Muster verhalten zu wollen, in der verzweifelten Hoffnung, dass wir dann gnädigerweise als das akzeptiert werden, was wir sind: genau gleichwertige Menschen wie Heterosexuelle. Egal wie die Leute aussehen oder wie ausgelassen sie tanzen, es darf nicht sein, dass sich irgendjemand darum sorgt, ob Vorurteile gegen uns zementiert werden. Denn Vorurteile sind inakzeptabel. Punkt. Egal ob sie sich gegen den „weiblichen Schwulen“, die „männliche Lesbe“, die „Federboas“ oder die „Paradiesvögel“ richten. Wir sind eine Community und gehören alle unter denselben Regenbogen. Ich will nicht akzeptiert werden, weil ich in Alltagskleidung rumlaufe. Wer mich akzeptiert, soll gefälligst einen Transmenschen oder eine Drag Queen genauso akzeptieren. Akzeptanz gibt es nicht in Sonderpackungen. Entweder man akzeptiert jedes einzelne Mitglied unserer Community oder niemanden. An dieser Stelle sollte vielleicht nochmals in Erinnerung gerufen werde, wie die Pride (also der Christopher Street Day) überhaupt entstanden ist: Es waren genau solche Transvestiten (die jetzt angeblich unseren Ruf zerstören sollen), die sich als erste der Schikane und den Razzien der Polizei widersetzten und an vorderster Front in tagelangen Strassenschlachten für unsere Rechte kämpften. Und überhaupt: Die Street Parade beispielsweise ist auch eine Parade für Liebe, Toleranz und Freiheit. Und auch da gibt es viele verkleidete Leute. Käme es jemals jemandem in den Sinn, zu befürchten, diese Leute würden den Ruf der Heteros zerstören?

Gay by Nature – Proud by Choice

Viel wurde erreicht, aber wir dürfen uns nicht zurücklehnen und einfach nur hoffen, dass weiterhin alles so bleiben wird. Es gibt religiöse Strömungen, die uns bekämpfen wann und wo sie können. Dies haben wir in den letzten Wochen eindrücklich am Beispiel des vermeintlich liberalen Frankreichs gesehen, wo Demonstrationen gegen die Öffnung der Ehe für homosexuelle Menschen zu massiven Ausschreitungen führten und zahlreiche Übergriffe an Schwulen und Lesben vorkamen. Diesen Strömungen müssen wir die Stirn bieten und der Gesellschaft zeigen, dass wir eine andere sexuelle Orientierung (oder Geschlechtsidentität) haben und trotzdem ein gleichwertiger Teil der Gesellschaft darstellen.

Daher lasst uns zeigen, dass wir stolz darauf sind, schwul oder lesbisch zu sein. Und zwar nicht stolz  auf die Tatsache, dass wir schwul oder lesbisch sind (für unsere sexuelle Orientierung können wir nichts, auch wenn ein paar Ewiggestrige das noch immer nicht begriffen haben), sondern stolz darauf, dass wir zu uns stehen können. Stolz darauf, dass wir uns unseren Platz in der Gesellschaft erkämpft haben, trotz massiver Gegenwehr und Hetze konservativer Ewiggestriger. Stolz darauf, dass wir mit unserer Sexualität zufrieden sein können und uns nicht mehr dafür schämen oder gar heilen lassen müssen (obwohl es noch immer religiöse Vereine gibt, die Heilungstherapien anbieten -auch in der Schweiz). Und alle Heterosexuelle, die am Samstag dabei sein werden, können ebenfalls mit Stolz zeigen, dass sie uns als vollständigen und gleichwertigen Teil der Gesellschaft akzeptieren.

Und an all jene, die uns verfluchen oder bemitleiden und uns entweder auf den Mond schiessen oder heilen wollen: Schaut genau hin. Wir sind viele, wir gehen auf die Strassen, wir feiern und wir kämpfen für unsere Rechte! Natürlich werdet ihr nicht aufgeben und weiterhin eure bestenfalls gut gemeinten Heilungsratschläge, schlimmstenfalls eure hasserfüllten Tiraden auf uns loslassen und gegen unsere Rechte kämpfen. Aber ihr werdet scheitern. Diskriminierungen sind ein Auslaufmodell, darum überdenkt doch nochmals eure Prioritäten.

In diesem Sinne: HAPPY PRIDE!

Das Programm der Pride kann hier abgerufen werden.

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